Samstag, 22. August 2009

Balaton, Zigeunerdoerfer und kroatische Schnaepse

Nach erholsamen Tagen in Budapest holte uns die Realitaet wieder ein und der Ritt auf den heissen Roessern begann von Neuem. Die Sonne brannte von nun an so unerbittlich, dass das Fahrrad fahren an sich fast unmoeglich war. Neue Ziele vor Augen haben wir uns trotzdem motivieren koennen und regelmaessig frueh aus den Betten gequaelt, um zumindest noch ein paar Stunden ohne Hitze zu haben. Die naechsten Etappen boten viel Abwechslung und wir erreichten am Ende das sechste Land unserer Reise...
Die erste Etappe von Budapest an den Balaton war schier unertraeglich. 100 km an der Bundesstrasse 7 haben uns alle nicht kalt gelassen. Am Abend konnten wir einen regelrechten Film aus Dreck, Fliegen, Abgasen und Schweiss aus dem Gesicht wischen. Immerhin hatten wir die Moeglichkeiten, uns im Wasser zu erfrischen und bekamen durch die Weite des Plattensees einen ersten Vorgeschmack auf das uns erwartende Meer. Der Balaton ist der "Stolz eines Volkes ohne Meer", er hat nicht die Art von Tourismus, die wir im Vornherein erwartet bzw. befuerchtet hatten. Es gibt zwar sehr viele Deutsche und man wird standesgemaess auf Deutsch angesprochen. Ansonsten ist es aber ein wirklich schoener See mit ruhigen, schicken Doerfern.
Schoen war fuer uns, dass das Wildcampen in Ungarn relativ verbreitet und ueblich ist. Es gibt zudem eine enorme Anzahl an Fahrradfahrern, die die gut ausgebauten Fahrradwege am Balaton nutzen. Am zweiten Tag wachten wir vor dem Sonnenaufgang auf und genossen unser Fruehstueck mit der aufgehenden Sonne ueber dem See. Ein perfekter Start in den Tag...
Wir verabschiedeten uns vom See und gelangten Richtung Osten in den benachbarten Nationalpark, der fuer Fahrraeder eigentlich nur mit Erlaubnis befahrbar ist. Nach ca. 15 Minuten zeigte sich warum...
Es half alles nichts. Wir fragten bei einem Ungarn nach, ob es sich um die richtige Route handelte und seine Antwort war schlicht und einfach, "schwimmen und dann spaeter nach rechts...". Wir durchquerten erfolgreich den Fluss und der Weg nahm seinen Lauf durch den sehr schoenen Park. Im Anschluss fuhren wir auf dem Weg an die kroatische Grenze durch Zigeunerdoerfer, in denen grosse Familien mit deutlich dunklerer Hautfarbe vor ihren Haeusern im Garten sassen. Es war ein Gefuehl, wie durch eine Tuer in eine neue Welt zu stossen. Die Zigeuner durch den Nationalpark vom touristischen Balaton getrennt. Nach einer Fahrt durch die Industriestadt Nagykanisza ging es ueber ruhige Strassen mitploetzlich sehr schicken Ferienorten bis zu einem See etwa 30 km vor der ungarisch-kroatischen Grenze. Hier erholten wir uns von der bruellenden Sonne.
Am naechsten Tag stiessen wir auf uns erste "richtige" Grenze mit zwei Grenzkontrollen. Wir bekamen einen Pass in den Stempel und das erste kroatische Grundvokabular mit auf den Weg. In Kroatien waren genauso viele Maisfelder wie auf ungarischer Seite, ueberwiegend mit Gensamen von Pioneer oder BASF ("The chemical company") genutzt. Viele Leute in den Doerfern freuten sich ueber vorbeifahrende Radfahrer. Nicht so zwei Hunde, die uns ca. 500 m durchs Dorf jagten, und die Polizei, die uns bei unserer Mittagspause im Park die Paesse zur Kontrolle etwa 10 Minuten abnahm. Das Etappenziel Zagreb rueckte naeher und das Tempo wurde schneller. Wie schon bei den Grossstaedten zuvor gerieten wir etwa 25 km vor Zagreb in einen Rausch und absolvierten sie bei fast 35 Stundenkilometern im Sprint...
In Zagreb erwarteten uns Kruno und Marina, Freunde von Angela, die in ihrem Garten fuer uns das gewohnte Feierabendbier hatten. Spaeter kamen Freunde von ihnen vorbei, es gab Cevapcici und im Fernsehen lief Dynamo Zagreb gegen Hearts of Midlothian (4:0 zur Freude aller Kroaten)... Am naechsten Tag konnten wir in eigenen Betten (!) endlich wieder ausschlafen und genossen ein zivilisiertes Fruehstueck am Tisch mit eigener Tasse, eigenem Teller und eigenem Messer, ohne sich um den morgendlichen Kollektivkaffee zu streiten. Anstatt direkt ins Zentrum zu fahren, halfen wir noch schnell als deutsche Gastarbeiter mit beim Hereintragen von 5 Tonnen Briketts fuer den Winter...

Nach getaner Arbeit fuhren wir gemeinsam in die sympathische und ueberschaubare Altstadt. Ein glueckliches Privileg von einheimischen Kroaten herumgefuehrt zu werden. Spaeter trafen wir auf einen anderen Freund von Angela, der uns mit dem Nachtleben in Zagreb bekannt machte. Es gab lokales Bier und viele lokale Schnaepse...
"Rakija, Rakija
svemu je kriva,
zbog tebe, rakijo,
ženit ću se ja..."
Morgen frueh geht es Richtung Plitvicer Seen und von dort aus endlich ans Meer...

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